Zwischen den Städten. Das Krakau-Tschenstochauer Jura

Produziert für: TOURS 06/2001

Krakau. Sieben Uhr in der Früh. Über den Dächern der Stadt liegt noch Morgendunst, als von der Marienkirche die alte Melodie des Trompeters bis in unser Zimmer dringt. Plötzlich bricht die Melodie ab. Genau wie einst, als ein Tatarenpfeil das Lied des Bläsers, den Hejnal, auf dem Turm beendete. Dieser Einladung in die Altstadt wollen wir für heute widerstehen und uns stattdessen tief unter die polnische Erde begeben. Ins Salzbergwerk Wieliczka. Für die dreizehn Kilometer bis nach Wieliczka gibt es in Krakau Kleinbusse. Doch trotz des Negativimages des polnischen Umgangs mit Touristen-Autos sind wir motorisiert und bewahren unsere Unabhängigkeit auf dieser Tour.

Wo schon Goethe neugierig seine Nase unter die Erde steckte, ist unser Sohn Henry vor allem auf die Treppen und den Fahrkorb gespannt. Kaum haben wir die Karten erstanden, kommen wir gerade noch mit der nächsten Gruppe mit und los geht’s mit den Treppen. Hunderte von Stufen poltern die Schritte der Besucher hinab. 64 Meter führt das sturmerprobte Holz der Wendeltreppe uns in die Tiefe. Als Teil des Weltkulturerbes haben die über 200 Kilometer Stollen und die 2040 Kammern der Salzmine aber mehr zu bieten. Der Ausflug in die unterirdische Welt lässt die gefährliche Arbeit der Bergleute mit liebevoll ausgestalteten Szenarien auferstehen. Wie gefährdet die Bergleute durch Methangas waren, wird in der „verbrannten Kammer“ dargestellt: Büßer nannte man die Arbeiter, die durch Gruben krochen und mit langen Fackeln das Gas ausbrennen mussten. Eine extrem gefährliche Arbeit, die heute dank Belüftungstechnik zum Glück überflüssig ist.

101 Meter unter der Erde lässt die Kapelle der heiligen Kinga mit ihren Reliefs, Skulpturen und glitzernden Kronleuchtern dann den Atem stoppen. Allesamt wurden sie aus Salz gearbeitet. Erst 1999 kam ein aus Salz gemeißeltes Denkmal des Papstes aus Polen dazu. Ähnliches Aufsehen wie die Kapelle können höchstens die Heinzelmännchen erregen. Fröhlich auf dem Bauch liegt einer der knuffigen Helfer der Bergleute und Hüter des Salzes und strampelt mit seinen dicken Beinchen in der Luft. Er hatte Grund zur Freude, glaubten doch viele unverheiratete Frauen, dass ein Kuss für den Zwerg ihnen bald einen Ehemann bescheren würde. So küssten die Jungesellinnen munter drauflos, bis die ganze Küsserei dem Glücksbringer schließlich ein Bein brach und ein Kussverbot ausgesprochen werden musste. Nach Treppen, Kapellen und Zwergen erfordert die Menschenschlange vor der letzten Attraktion, dem Fahrkorb, schließlich unsere ganze Geduld. Wieder unter blauem Himmel, belohnen wir uns mit Eisbechern und frischem Kaffee für das Warten.

Bevor das Jura erkundet wird, gönnen wir uns noch zwei Tage in Krakau. Unser erstes Ziel ist die Marienkirche. Der Weg zu den Eingängen ist von einer Menschenmenge vor der Kirche versperrt. Straßenkunst, um genau zu sein: die Show einer Pantomimin ist des Rätsels Lösung. Wieder wird geküsst. Diesmal ist es die ganz in Weiß gewandete Künstlerin, die einen Mittfünziger herzhaft auf das schüttere Haar küsst. Das freut das Publikum am Fuße der ungleichen Kirchtürme. Die Marienkirche hat zwei Eingänge. Wir nehmen den Touristeneingang, der direkt zu dem berühmten Veit-Stoß-Altar führt. …

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